Jahresbericht 2018

Rheinhessischer Sonnenuntergang (c) Philipp Reutter

 

„Schockierender Anblick. Alles vertrocknet und braun, was eigentlich grün sein sollte." Mit dieser Twitterbotschaft vom 6. August 2018 schickte der deutsche Astronaut Alexander Gerst seine Eindrücke aus dem All auf die Erde. Zu diesem Zeitpunkt herrschte schon über Monate hinweg eine große Dürre über Mitteleuropa. An der Messstation des Instituts für Physik der Atmosphäre an der Universität Mainz ist diese Trockenheit vor allem ab Juni sehr deutlich zu sehen.

Der Grundstein für diese Entwicklung wurde jedoch schon im April gelegt. Zu diesem Zeitpunkt stellte sich zum ersten Mal in diesem Jahr die für den restlichen Sommer und Herbst bestimmende Wetterlage ein. Hochdruckgebiete über Mitteleuropa oder Skandinavien verhinderten, dass uns Tiefdruckgebiete vom Atlantik mit Niederschlag versorgen. Die sonst dominierende Westwetterlage, bei der die Tiefdruckgebiete nördlich des Azorenhochs feuchte Meeresluft zu uns transportieren, konnte sich nicht durchsetzen.

Aufgrund des Hochdruckgebietes über Mitteleuropa stellte sich eine so genannte "Omega"-Wetterlage ein. Bei solch einer Konstellation werden die Tiefdruckgebiete weit an Deutschland vorbei nach Norden abgelenkt. Ein weiterer Teil der Strömung wird auch nach Süden umgeleitet. Während Mitteleuropa also mit ruhigem Wetter zu rechnen hat, stellt sich im Mittelmeerraum eine unbeständige Witterung ein. Manch einer erinnert sich noch an die Berichte über schwere Unwetter auf den Balearen oder in Italien.

Regensummen der Jahre 2009 bis 2018, gemessen an der Wetterstation des Instituts für Physik der Atmosphäre der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, im Vergleich. Das Jahr 2018 ist fett markiert. Der entsprechende Jahresniederschlag kann der Legende entnommen werden. (c) Institut für Physik der Atmosphäre, JGU Mainz.

 

Da der großflächige Niederschlag durch Tiefausläufer ein sehr seltenes Ereignis im Sommerhalbjahr 2018 darstellte, entstand im Laufe der Zeit ein Niederschlagsdefizit. Signifikante Regenfälle standen daher meist mit Gewittern in Verbindung. Gewitter allerdings sind immer sehr lokale Ereignisse, die in kurzer Zeit hohe Regenmengen produzieren können. Durch den hohen Anteil an versiegelten Flächen wird jedoch auch viel Niederschlag durch Kanalisationen schnell abgeführt.

Bei lang anhaltender Trockenheit kommt auch der Punkt, an dem die Verdunstung aus Boden und Vegetation nur noch sehr wenig Wasserdampf liefern kann. Wenig Wasserdampf in der Atmosphäre führt dann in der Folge natürlich auch zu weniger Wasser, das als Regen zu Boden fallen kann - eine sich selbst verstärkende Rückkopplung.

Regenrückhaltebecken in Sulzheim / Rheinhessen. Der Wasserstand ist vom Schilf bereits weit entfernt. Aufnahme vom 21. Oktober 2018. (c) Philipp Reutter

 

Einen Beleg für das außergewöhnlich häufige Auftreten eines Hochdruckgebiets über Mitteleuropa liefert auch ein Blick auf die Verteilung der Windrichtungen. Für das Jahr 2017 ist klar die vorherrschende Windrichtung Südwest zu erkennen. Betrachtet man jedoch das Jahr 2018, fällt sofort auf, dass die östlichen Windrichtungen deutlich dominanter vertreten sind. Rheinhessische Bewohner unter der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens können dies ebenfalls bestätigen.

Häufigkeitsverteilung der Windrichtung des Jahres 2017 an der Messstation der Uni Mainz. (c) Institut für Physik der Atmosphäre, JGU Mainz.
Häufigkeitsverteilung der Windrichtung des Jahres 2018 an der Messstation der Uni Mainz. (c) Institut für Physik der Atmosphäre, JGU Mainz.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Doch nicht nur die Trockenheit war im Jahr 2018 außergewöhnlich. Nach den Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war es deutschlandweit auch das wärmste und sonnenreichste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Für Rheinland-Pfalz verzeichnete der DWD mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 10,8°C ebenfalls das wärmste Jahr seit Messbeginn. Damit war das Jahr 2018 2,2°C wärmer verglichen mit dem langjährigen Mittel von 1961 bis 1990.

Betrachtet man die klimatologischen Kenntage, aufgezeichnet an der Messstation* der Mainzer Universität, so wird auch hier die Besonderheit des Jahres 2018 deutlich. Im langjährigen Mittel sind in Rheinhessen 44 Sommertage, also Tage mit Temperaturen von über 25°C, zu erwarten. 2018 hingegen wurden mit 94 Sommertagen mehr als doppelt so viele erreicht. Noch dramatischer wird es beim Blick auf die Anzahl der heißen Tage, also Tage mit Temperaturen von über 30°C. In Rheinhessen liegt das langjährige Mittel bei etwa 9 Tagen, 2018 waren es an unserer Station mit 29 Tagen dreimal so viel.

Temperaturen, Niederschlag und klimatologische Kenntage in Mainz. (c) Institut für Physik der Atmosphäre, JGU Mainz.

Global gesehen gehört das Jahr 2018, zusammen mit den Jahren 2015, 2016 und 2017 zu den vier wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnung. 2018 ist dabei das viertwärmste Jahr. Der Klimawandel ist also auch hier sichtbar.

Als Abschlussbemerkung sei noch gestattet: kein Wetterextrem ist mit dem Etikett „Klimawandel“ gekennzeichnet. In der öffentlichen Diskussion ist es immer öfter zu beobachten, dass einzelne Wettereignisse wie z.B. ein starkes Gewitter oder eine langanhaltende Dürre direkt dem Klimawandel zugeschrieben werden. So einfach ist es leider nicht. Das Klima beschreibt den mittleren Zustand der Atmosphäre über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren. So gab es stabile Hochdrucklagen auch schon zu früheren Zeiten. Jedoch steigt die Wahrscheinlichkeit in einem wärmeren Klima für solche Witterungen, wie wir sie im vergangenen Jahr beobachten konnten, an. Das Jahr 2018 hat uns also gezeigt, wohin die Reise gehen wird.

Februar 2019, Philipp Reutter

*) Aufgrund eines größeren technischen Defekts an der Wetterstation, wurden fehlende Temperatur-Messwerte von der DWD-Station Marienborn übernommen. Die horizontale Entfernung zur Wetterstation des Instituts beträgt 3,08 km. Die Station in Marienborn liegt 10 m höher als die Institutsstation.